Kurze Betrachtung über den Ausspruch:
“ Daß dir dr Neckerhäuser et sengt‘
Diese Frotzelei geht aller Wahrscheinlichkeit nach auf einen in lateinischer Sprache abgefassten Ablassbrief des Bischofs Georg von Konstanz vom 11. Februar 1420 zurück. Welche Bewandtniss es mit diesem Ablassbrief, der auf dem hiesigen Rathaus sorgsam verwahrt ist, hatte, entnehmen wir auszugsweise der handschriftlichen Orts-Chronik von Rektor Heinrich Bertsch:
Wie Beuren, Frickenhausen, Linsenhofen u.a. war auch Neckarhausen nach Nürtingen eingepfarrt. So mussten die Bewohner bei allen kirchlichen Handlungen wie Taufe, Hochzeit usw. oft auf schlechten Wegen nach Nürtingen gehen. In der Kapelle wurde nur die Frühmesse gelesen. Kein Wunder, dass sich die Gemeinden nach einer eigenen Pfarrei sehnten. So auch die Neckarhäuser.
Aber woher das Geld zum Bau einer Kirche und eines Pfarrhauses nehmen? Ja, wenn unsere Kapelle zu einem Wallfahrtskirchlein geweiht würde, so würde Geld zu einem Kirchenbau hereinfließen. Wallfahrer verlassen eine geweihte Stätte nicht, ohne ein Almosen zu geben. So wandten sich die Neckarhäuser an den Bischof von Konstanz. Dieser gewährte ihre Bitte und stiftete der Kapelle einen Ablassbrief, wonach allen, die wahrhaftig bereuen und gebeichtet haben und der Andacht halber die genannte Kapelle besuchen, dort beten oder dem Schmuck, die Lichter, Becher, Kelch und sonstigen Bedarf der Kapelle und des Altars hilfreiche Hand bieten, ein Ablass der ihnen aufliegenden Sündenstrafen und zwar von 48 Tagen von Todsünden und einem Jahr von lässlichen Sünden barmherzig verliehen wird.
Natürlich sollten alle Gläubigen im Lande von diesem freudigen Ereignis erfahren. Man dingte also drei Männer, die mit dem Ablassbrief von Dorf zu Dorf, von Stadt zu Stadt zogen und auf allen Straßen sangen, dass Sünd und Straf dem erlassen werde, der in ihrer Kapelle andächtigete und hilfreich zu deren Ausstattung die Hand biete. Wieviel Sünder nach Neckarhausen wallfahrteten und wie reich ihre Spenden waren, ist nicht bekannt.
In einer zweiten Neckarhäuser Urkunde vom 8. Juni 1507 bestätigt Bischof Hugo von Konstanz, dass die Gemeinde eine eigene Pfarrei erhalten habe und von der Pfarrkirche in Nürtingen getrennt worden sei. Nach über 80 Jahren konnte man also mit dem Geld der Wallfahrer den Kirchenbau beenden. So sagt man heute noch im Kreis Nürtingen und weit über seine Grenzen hinaus demjenigen, der unerfüllbare Wünsche äußert: „Daß dir dr Neckerhäuser et sengt!“. Das will besagen:“Ja, wenn du ’s nur schon hättest. Paß auf, dass dir nicht noch ein Strich durch die Rechnung gemacht wird.“ Fragt man dann:“Ja was hot er denn gsonge?“, so erhält man zur Antwort: „Auf dass dir’s ja nicht fehle“.